3. Die Partnerinnen 3.1 Hedwig Weiler 3.1.1 Biographie
Hedwig Weiler wurde am 15. Mai 1888 in Wien als Tochter jüdischer Eltern geboren. Nach dem Besuch der Volks- und Bürgerschule und dem erfolgreichen Abitur im April 1909 wechselte sie an ein Lyzeum, um sich dort theologischen und philosophischen Studien zu widmen, was für Frauen zur Jahrhundertwende durchaus unüblich war, da die Hochschulen erst seit wenigen Jahren Frauen an den Vorlesungen teilnehmen ließen. Nach diesem Studium der deutschen und romanischen Philologie sowie Philosophie an der Universität in Wien promovierte sie im Jahr 1914. Mit bereits 19 Jahren heiratete sie den Ingenieur Leopold Herzka, mit dem sie den Zweiten Weltkrieg in Wien überlebte. Bis zu ihrem Tod im Jahr 1953 arbeitete sie in zionistischen und jüdischen Vereinigungen.
Franz Kafka lernte Hedwig Weiler im Sommer 1907 kennen, als er zur Erholung bei seinem Onkel in Triesch zu Besuch war. Weiler lebte dort bei ihrer Freundin Agathe Stern und bereitete sich zu dieser Zeit auf ihre Reifeprüfung durch Privatkurse vor. Die erste Äußerung Kafkas zu den beiden jungen Mädchen gegenüber Max Brod fiel dabei alles andere als positiv aus,wenn er schreibt: „Agathe ist sehr häßlich und Hedwig auch. H. ist klein und dick, ihre Wangen sind roth ununterbrochen und grenzenlos, ihre obern Vorderzähne sind groß und erlauben dem Mund nicht, sich zu schließen, und dem Unterkiefer nicht, klein zu sein; sie ist sehr kurzsichtig und das nicht nur der hübschen Bewegung halber, mit der sie den Zwicker auf die Nase – deren Spitze ist wirklich schön aus kleinen Flächen zusammen gesetzt - niedersetzt; heute Nacht habe ich von ihren verkürzten dicken 40 Beinen geträumt und auf diesen Umwegen erkenne ich die Schönheit eines Mädchens und verliebe mich.“ (http://homepage.univie.ac.at)
Dass sich mit der Zeit eine gewisse Zuneigung zu ihr entwickelt, führt Alt auf „Täuschung, Selbstbetrug und Suggestion“ (Alt, 2005, S. 168) zurück. In der Tat scheint diese Beziehung, die diese Bezeichnung nach heutigem Verständnis nur in sehr geringem Ausmaß verdient, der erste Hinweis auf eine sich später ins Extreme steigernde Grundproblematik Kafkas zu sein, die sich durch ein ständiges An-sich-Ziehen und Von-sich-Stoßen als nicht gerade konstant und zukunftstauglich auszeichnet. In den wenigen Briefen, die noch aus der Korrespondenz mit Weiler überliefert sind (Kafka übersendete ihr sämtliche Briefe Anfang 1909), deutete sich schon sehr schnell das einerseits schnell persönlich werdende Verhältnis an, welches aber dann andererseits umso energischer von Seiten Kafkas bekämpft wurde. Kurz vor dem Ende der Beziehung war die Distanz größer als zu Beginn des Verhältnisses. Das „Du“ aus den Briefen ist zu Gunsten eines Sarkasmus’ verschwunden, der, ohne die genaueren Umstände der Entwicklung heute rekonstruieren zu können, beinahe anmaßend für sie wirken musste: „Deshalb darf ich Ihnen sagen, daß Sie mir eine Freude machen würden durch die Erlaubnis mit Ihnen zu reden“ (Koch, 1999, S. 95).
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Florian Kraiczi Florian Kraiczi (geboren 1981 in Coburg) studierte Germanistik für das Lehramt an Hauptschulen an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg und beginnt im September mit dem Referendariat. Grundlage dieses Buches war seine Zulassungsarbeit „Der Einfluss der Kafka-Frauen“, die er in den Jahren 2006 / 2007 am Lehrstuhl für Neuere deutsche Literaturwissenschaft in Bamberg unter der Betreuung von Prof. Dr. Heinz Gockel verfasste.
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ISBN13-Nummer: |
9783923507306 | Ausstattung: |
201 Seiten, zahlreiche sw-Abbildungen | Preis: |
12,50 € | Verlag: |
University of Bamberg Press | Kontakt zum Autor oder Verlag: |
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